Ägypten im 19. und 20. Jahrhundert

 

Die Frauenbewegung in Ägypten

 

Die Anfänge der Frauenbewegung in Ägypten gehen auf das späte 19. Jahrhundert zurück. Die ersten Akteurinnen waren Frauen der Mittelklasse, die erstmals Werke über „feministisches Bewusstsein“ veröffentlichten.

Zunehmend interessierten sich auch Männer für die Stellung der Frau aufgrund der islamischen Erneuerung, durch Muhammad Abduh [1], der säkularen [2] Modernisierung und das Streben nach nationaler Einheit.

 

Erste Formen des feministischen Aktivismus (soziale Projekte) sind im frühen 20. Jahrhundert zu beobachten:

Im Jahre 1919 fand die erste Frauendemonstration statt und 1928 schrieben sich erstmals Studentinnen an der Universität Kairo ein. Die wichtigsten Forderungen jener Tage waren das Recht auf Bildung, die Verbesserung der sozialen Situation, die Anhebung des Heiratsalters auf mindestens 16 Jahre, die Abschaffung der Polygamie und das Wahlrecht.

 

Hoda Shaarawi, die bedeutendste arabische Frauenrechtlerin, legte erstmals 1923 ihren Gesichtsschleier ab und protestierte damit gegen die gesellschaftlichen Strukturen, die Frauen aus dem öffentlichen Leben ausschlossen.

Da immer mehr Frauen durch ihr Studium und ihren Beruf das Haus verlassen haben und ,,sichtbar“ geworden sind, wurde eine ehrenhafte Kleidung nötig. Sie demonstrierten ihre Haltung auch äußerlich durch die Abkehr vom westlichen Frauenbild. Damit signalisierten sie, dass sie die islamischen Gesetze achten und dementsprechend auch Respekt erwarten.

 

Inzwischen ist Frauenarbeit gesellschaftlich akzeptiert, selbst in den städtischen Unterschichten, wo sie lange als Schande galt und den Mann in seiner Rolle als Ernährer beleidigte.

 

Ein Hauptziel früherer Feministinnen war die Abschaffung der Polygamie, das bis heute nicht erreicht wurde. Die Ehe mit mehr als einer Frau ist allerdings fast nur noch in den unteren sozialen Schichten zu finden. Der Anteil polygamer Verbindungen beträgt nur etwa 5 % aller Ehen, doch die Tendenz steigt, seit sich immer häufiger Männer, die für einen längeren Zeitraum in der Stadt oder im Ausland arbeiten, eine Zweitfrau nehmen.

 

Mittlerweile ist die islamistische Bewegung jedoch zu einem Machtfaktor geworden, welche sich gegen die Emanzipation richtet: Wo traditionelle Kleidung anfangs dem neuen Selbstverständnis vieler Frauen entsprach, ist nunmehr gesellschaftlicher Druck daraus geworden. Opportunistisch [3] präsentieren sich selbst Frauen der Oberschicht in orientalischer Kleidung. Im Parlament wurden die 30, speziell für Frauen reservierten, Parlamentssitze wieder abgeschafft. Außerdem finden an einigen Universitäten Ägyptens die Vorlesungen in gesonderten Hörsälen für Frauen statt.

Viele Ägypterinnen blicken verunsichert in die Zukunft.

 

[1] (* 1849 im Nildelta; † 11. Juli 1905 in Alexandria) War einer der wichtigsten Reformer des Islam in der ägyptischen Neuzeit

[2] Säkularisierung: mentaler Prozess der Trennung von Religion und Staat

[3] Opportunismus: die Anpassung an die zweckmäßige jeweilige Situation beziehungsweise Lage.

 

Quellen:

http://www.yallaev.de/agyptheut.html#anchor736395

http://de.wikipedia.org/wiki/Frauenbewegung_in_%C3%84gypten         Birte & Dorina